RISIKO MIT GESICHT
Ein partizipatives Kunstprojekt von Manuela Brügger
5 Aktionstage von Oktober 2020 bis Juni 2021
Video: Leonie Pock
123 Porträts, gemalt von Gabriella Affolter, Reto Bärtschi, Denise Brändli, Barbara Brosowski, Ursula Bovey, Suzanne Castelberg, Daniela de Maddalena, Kathrin Fröhlin, Anna Jaun, Priska Leutenegger, Simone Näf, Judit Nussbaumer, Anna Reber, Ruth Righetti, Heike Röhle, Eva Scheuter, Ursula Steiner Lenzin, Lukas Veraguth, Janina Wyss, David Zehnder.
13. Mai bis 4. Juni 2022
_artundweise kunst- und denkraum
Lorrainestrasse 16, 3013 Bern
031 312 51 51, www.art-und-weise.org
Ausstellung geöffnet jeweils Freitag 14-19 Uhr und Samstag 14-17 Uhr sowie gerne nach Vereinbarung unter 031 312 51 51
Während den Öffnungszeiten sind Künstler*innen anwesend, Manuela Brügger ist anwesend am 13./14./20./21./28. Mai
Do, 12.Mai 2022, 17 Uhr: Eröffnung
Einführung: Peter Fischer, freier Kurator und Mitbegründer von diezukunftkuratieren
Do, 19. Mai 2022, 17 Uhr: Buchpräsentation SAUERSTOFF. Corona – Was war. Was kommt
Manuela Brügger spricht mit Samuel Geiser und Alexander Egger über ihr Buch und ihre Dokumentation einer «RISIKO MIT GESICHT» Aktion.
Was nun folgt – als Fortsetzung des Prozesses – möchte ich als die wärmende Phase bezeichnen: Eine Künstlerin oder ein Künstler befasst sich mit dem Bild, nimmt sich viel Zeit, versucht sich in die abgebildete Persönlichkeit einzufühlen und transferiert die damit einhergehenden Vorstellungen und Gefühle in Formen und Farben auf die Holztafel. Nicht einfach als Abbild, sondern als eine Neukreation aus einem Akt absoluter Empathie heraus. Welche Verwandlung! Welche Verwandlung eines Stigmas in eine Ehrerbietung.
Peter Fischer in der Ansprache zur Vernissage (PDF)
RISIKO MIT GESICHT – Rückblick
21 Künstler*innen
Gabriella Affolter
Reto Bärtschi
Denise Brändli
Barbara Brosowski
Ursula Bovey
Manuela Brügger
Suzanne Castelberg
Daniela de Madalena
Kathrin Fröhlin
Anna Jaun
Priska Leutenegger (animierte Porträts)
Simone Näf
Judit Nussbaumer
Anna Reber
Ruth Rigethi
Heike Röhle
Eva Scheuter
Ursula Steiner Lenzin
Lukas Veraguth
Janina Wyss
David Zehnder
Die Porträtierten – 124 Menschen aus der Risikogruppe
Sista I Suzanne I Käti I Yuna I Opa I Oma I Martin I Emilia I Fabienne I Denise I Roland I Brigitte I Fritz I Hansueli I Astrit I Thomas I Stefan I Maria Theresa I Dierck I Urs I Felix I Eva I Beatus I Marianne I Anonym I Zauberer I Christine I Margaretha I Thomas I Irmeli I Anita I Beatrice I Margot I Georgette I Christoph I Suzanne I Samuel I Werner I Carla I Filipo I Marco I Marianne I Paula I Christina I Sarah I Claudia I Egger I Gaby I Jürg I Susana I Jürg I Brunetta I Rudi I Heidi I Hermine I Auréle I Ursula I Monika I Matthias I Elisabeth I Angelika I Cecile I Rosmarie I Werner I Brigitte I Silvie I Ruth I Ursula I Daniel I Bruno I Christian I Kathrin I Joseph I Ruth I Adrian I Madelene I Ariane I Susanna I Martin I Kurt I Sophie I Cornelia I Jana I Verena I Nicole I Heidi I Manfred I Hans I Bea I Trudy I Doris I Hansmartin I Ismail I Gerhard I Lucia I Hans I Christa I Barbara I Fredy I Karin I Andreas I Barbara I Gaby I Ilse I Elisabeth I Susanne I Jeanette I Cornelia I Verena I Barbara I Brigitte I Ursula I Sylvia I Marianne I Regina I Marie – Anne I Regina I Bruno I Silvia I Marlin I Leo I Esther I Gerli I Marlis
Aktionstag Sa 26. Juni 2021 in Burgdorf
Fotos von Leonie Pock
Aktionstag 29. Mai 2021 in Solothurn
Aktionstag 17. April 2021 bei der Villa Bernau in Bern
Fotos: Leonie Pock
Zur Aktion in der Villa Bernau
von Leonie Pock
An einem sonnigen Samstag, dem 17. April 2021 kamen die vier Künstlerinnen Denise Brändli, Barbara Brosowski, Ursula Bovey und Anna Reber in der Villa Bernau in Bern zusammen, um Portraits von besonders gefährdeten Menschen zu malen. Über ein Jahr nach Beginn der Corona-Pandemie ging das von der Künstlerin Manuela Brügger initiierten Projekts “Risiko mit Gesicht” in die dritte Runde.
Während draussen Teilnehmende ihr Gesicht mittels eines Photo-Kopierers scannten, entstanden im stillem lichtdurchfluteten Raum mit Pinsel und Stift einzigartige Zeugnisse dieser bedrückenden Zeit. Dazu sagt die zum zweiten Mal teilnehmende Künstlerin Denise Brändli: „Dieses Zusammenspiel zwischen der Entstehung des Motivs, über seine Umsetzung im Atelier, bis hin zu seiner Ausstellung im gleichen Raum gefällt mir sehr.“
Quasi als Risiko-Selfies bilden die auf Holz gemalten Portraits ein künstlerisches Gegenstück zu den auf Social Media geteilten Corona-Selfies und neu den „Vaxxies“ von Geimpften. Berühmter Vorgänger dieser Betrachtung der eigenen Sterblichkeit war der Maler Edvard Munch, der sich im Jahr 1919 nach seiner überstandenen Erkrankung an der Spanischen Grippe selbst malte. In der Kunstgeschichte gibt es weitere Zeugnisse vergangener Infektionskrankheiten wie die Darstellungen der Pest in der mittelalterlichen und Renaissance-Malerei bis hin zur aktivistischen Kunst des späten 20. Jahrhunderts, die sich mit der AIDS Epidemie auseinandersetzte.
Kunst ermöglicht, die Welt um uns herum und unseren Platz in ihr besser zu verstehen. Sie gibt dem unsichtbaren Virus eine konkrete Form, verleiht unseren Emotionen und Gefühlen Ausdruck, und hilft, diese zu verarbeiten. Dass sich dabei einige der AusstellungsbesucherInnen an den düstren Portraits stossen, dürfe ruhig so sein, sagt die Künstlerin Anna Reber: “Die Bilder sind ein bisschen schaurig und beängstigend, aber das ist ja auch das, was wir erleben.” Sie freut es besonders, gemeinsam mit anderen ein Zeitdokument zu erstellen, das zeigt “wie es damals war, wenn wir in hundert Jahren zurückschauen.”
Zwei ältere Teilnehmerinnen schauten sich amüsiert ihre gescannten Gesichter an und wunderten sich, ob sie sich später in den gemalten Portraits wiedererkennen. Gelegenheit dazu haben sie am nächsten Aktionstag am 29.Mai in Solothurn oder am 26. Juni in Burgdorf.
Intervention 20. März 2021 in Bern
Samstag, 20. März 2021
aus dem Journal von Samuel Geiser, Autor von «Fieber»
Kunst ist dann, wenn dich jemand vom Kopf auf die Füsse stellt – oder von den Füssen auf den Kopf. Oder deinen Kopf ganz sanft auf die Glasplatte eines Kopierapparats drückt, deine Hände um den Kopf gruppiert, eine lichtdichte Hülle über dich legt und auf die Taste klickt für eine Kopie. Deine Kopie. Und diese eins zu eins in einem expressiven Bild nachmalt. Als Kopie der Kopie deines Gesichts. So geschehen vor und in der Galerie 9a, dem kleinen Kunsthaus im ehemaligen Schuhmacherhäuschen am Stauffacherplatz im Berner Breitenrain. Die Aktion «Risiko mit Gesicht», ausgedacht von der Künstlerin und Kunstvermittlerin Manuela Brügger, ausgeführt von verschiedenen Malerinnen und Malern. In Zeiten der «Körperangst und Körperferne». Wir «Risikogruppen» sind eingeladen, uns dem blitzenden Laserlicht des Kopierers auszusetzen, uns zu vervielfältigen, uns zu verwandeln in mysteriöse Schwarz-Weiss-Landschaften auf Papier, danach in ein farbiges Kunstwerk auf Holz. Und ins Gespräch zu kommen mit den Kunstschaffenden. «Die Aktion ist ein Beitrag gegen die diffuse Gereiztheit, die uns seit Corona wie ein Schleier umhüllt. Hier beim Kopierer begegnen wir uns von Mensch zu Mensch. Grenzen verschwimmen. Brücken entstehen zwischen Kunstaffinen und Kunstdistanzierten. Hierarchien lösen sich auf», sagt Manuela Brügger.
Intervention 17. Okt. 2020 in Bern
Impressionen vom 17.10.
Kunsthaus 9a beim Stauffacher, Bern
Risiko mit Gesicht
Mit dieser Veröffentlichung trete ich aus meinem Atelier und werfe einen Stein ins Wasser… Die Zahlen der Statistiken und die pauschalen Kategorisierungen sollen ein Gesicht erhalten:
Menschen aus der «Risikogruppe» kopieren sich selber mit Hilfe eines Fotokopiergeräts.
Ein Körper und ein Leben statt anonymer Teil einer Masse. Die kopierten Gesichter male ich im Massstab 1:1 auf eine Holztafel.
Diesen Arbeitsprozess habe ich während des Lockdowns begonnen und will ihn nun weiterführen, aber nicht alleine.
Im Sinne eines Pilotprojekts plane ich in Bern eine erste Aktion. Ich stelle an einem geeigneten öffentlichen Ort einen Kopierer auf, um Menschen, die der Risikogruppe angehören, zu erreichen, anzusprechen und einzuladen, mitzumachen. Sie legen ihre Gesichter auf den Kopierer und produzieren so eine Art Selbstbildnis. Diese Vorlagen werden von Künstlerinnen und Künstlern direkt vor Ort in eine Malerei übertragen. So entstehen Begegnungen, vielleicht Gespräche, Brücken zwischen Kunstschaffenden und möglicherweise kunstfernen Leuten. Die Kunst wird zur Vermittlerin, sodass sich Hierarchien auflösen und man sich wieder von Mensch zu Mensch begegnet!
Interview von Radio Neo 1 vom 16.6.2021
Käti, 29.5.2020
Oma, 7.6.2020
Omas Freund, 7.6.2020
Opa, 4.6.2020
Yuna, 29.5.2020
Suzanne, 16.5.2020
alle Malereien von Manuela Brügger, Acryl auf Holz, 29.7 x 21 cm
…ich lade hiermit Interessierte ein, sich dem Projekt anzuschliessen.
Ich suche KünstlerInnen die helfen zu malen. Weitere Leute, die helfen zu kopieren. Vernetzte Menschen, die helfen zu organisieren, Geräte, Materialien und vielleicht auch finanzielle Mittel zu beschaffen.
Menschen die helfen möchten, belastende Corona-Erfahrungen umzuwandeln in Begegnungen, Gespräche, in Miteinander, in Arbeit, wo vielleicht Stillstand ist. Gemeinsam Wege schaffen, die irgendwo hinführen.
Hast du auch Lust Wellen zu schlagen? Dann freue ich mich dich kennen zu lernen!
Manuela Brügger
Künstlerin und Kunstvermittlerin
mail@manuela-bruegger.ch
079 538 26 14
www.manuela-bruegger.ch
Mein kleiner Bericht hier: https://www.atelier-oechsli.ch/aktuelles/allgemein/risiko-mit-gesicht/
Liebe Barbara* Herzlichen Dank für deinen Bericht 😀 Und vor allem für deine wundervolle Übertragung der Kopien in ein Gemälde!
Ich stelle mir die Frage, wie ich den Begriff der Risikogruppe weiter behandeln soll. Hiermit stelle ich ihn zur Diskussion Es geht um Fragen wie: Was bedeutet Risikogruppe? Übertragen ist ja damit eine Gruppe von Menschen gemeint, die ein Risiko trägt. Aber wer genau gehört denn jetzt, nach einem Pandemiejahr dazu, wer trägt ein Risiko? Ist damit nur das Körperliche Risiko angesprochen? Oder schliesst es das Psychische, Wirtschaftliche, Zukünftige und Entwicklungspsychologische Risiko mit ein? Die Folgen, die aus der jetzigen Zeit resultieren sind für uns alle nicht absehbar, deshalb möchte „RISIKO MIT GESICHT“ im Austausch bleiben, im Prozess und Präsent.
Das Ziel Deiner Aktionen, wie ich es verstehe, sind natürlich nicht soziologische Studien und begriffliche Untersuchungen, sondern es liegt in der KÜNSTLERISCHEN TRANSFORMATION eines Gefühls, eines Zustandes. Das macht Deine Arbeit auch so wertvoll! Gleichwohl hast Du Recht, wenn Du Dir diese Fragen stellst, denn um die «Mitglieder» der Risikogruppen ansprechen zu können, musst Du wissen, wer dazu gehört. War der Begriff Risikogruppe zu Beginn der Pandemie klar begrenzt auf Menschen, die besonders anfällig auf das Virus waren, gibt es, wie Du sagst, inzwischen weitere Risiken, die uns aus den Massnahmen ereilen. Es gibt übrigens auch die andersrum verstandene Risikogruppe:… Weiterlesen »
Meine Reaktion kommt einen Monat verzögert und auch wenn es scheinen mag, dass sich die Pandemie endlos hinzieht, erleben wir doch immer wieder grössere Stimmungsschwankungen innert Wochen: Wir dürfen wieder in Gartenbeizen sitzen, sogar Kinobesuche sind möglich und wir sind alle erleichtert, dass trotz Lockerungen die Ansteckungszahlen zurückgehen. «Risiko mit Gesicht» ist stark, weil es auf eine ausserordentliche Situation reagiert und diese auf den Punkt gebracht hat. Aus Individuen wurde im öffentlichen Diskurs eine Gruppe gemacht und diese Gruppe wurde vom öffentlichen Leben (dem, was davon übrigblieb) ausgeschlossen: die Alters- und Pflegeheime waren abgeriegelt, vor dem Kontakt mit Ihnen wurde… Weiterlesen »
Lieber Andreas & Lieber Peter* Ich danke euch beiden für euer Feedback! Eure Worte widerspiegeln wunderbar meinen inneren Dialog. Andreas du sprichst berechtigt die Anpassung des Konzeptes als Verlust der Prägnanz an. Muss «RISIKO MIT GESICHT» diesem Wandel mit einer Öffnung der Risikogruppe entgegentreten? Oder verwässert es nicht das Resultat und wird beliebig? Ist es nicht gar klarer den Spot auf etwas gerichtet zu halten, um diesen Teilbereich zu beleuchten? Den Fokus beizubehalten, um so die Veränderung zu integrieren? Wohlwissend das es nur ein Zoom ist. Immer mehr komme ich zum Schluss, dass dies wohl mein Weg sein wird.… Weiterlesen »
hi Manuela, ich finde die Idee und auch die Bilder sehr schön. Bin bei einer nächsten Aktion gerne als Helferin mitdabei. Malen ist leider nicht so meine Spezialiät, aber würde kopieren helfen. Melde dich gerne, wenn du Hilfe brauchst.
Salü Claudia* Vielen Dank für dein Interesse am Projekt, das liebe Feedback und deine angebotene Unterstützung. Juhui! sehr gerne nehme ich dein Angebot an 😀 Vielleicht hast du mal Zeit für ein Telefonat, dann könnten wir uns Austauschen.